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2000-2005:

2005 - Die Überführung

2004 - Der Räuber Kneissl

2003 - Die Schüsse von Öd

2002 - Don Camillo und Peppone

2001 - Birnbaum und Hollerstauden

2000 - Der Wittiber

2000 - Das Vermächtnis

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Impressum

Autor: Christian Stückl
Spielleitung und Regie: Ferdinand Limmer

Mitwirkende:
Matthias Kneißl: Bernhard Kapser
Alois Kneißl: Florian Altinger
Katharina Kneißl: Ursula Heilmeier / Christine Weindl
Matthias Kneißl, Vater.: Herbert Forster
Therese Kneißl, Mutter: Helga Leierseder
Josef Schreck: Sebastian Holzner
Baron von Schätzler: Michael Seebauer
Jäger Seitz: Alois Winter
Mathilde Danner: Martina Weindl
Merklbäuerin: Susanne Habrunner
Flecklbauer: Otto Brambs
Meier, Knecht: Herbert Forster
Franz, Knecht: Franz Haider
Sepp, Knecht: Günther Haumeier
Fritz, Knecht: Markus Buchner
Flori, Knecht: Florian Altinger
Polizist: Georg Schmidhuber
2. Polizist: Reinhard Märkl
Schosi: Lorenz Schmid
Andi: Josef Kapser
Schreiner: Martin Süßl

Inhalt:
Begonnen hat die Laufbahn des berüchtigten Räubers schon sehr früh. Hineingeboren in eine Welt ohne Erbarmen, erlernt er in seiner Jugend von der Mutter das Handwerk der Wilderei. Theresa Kneißl, die sich als Tochter eines italienischen Krämers immerzu gegen die Anfeindungen einer fremden- und großteils frauenfeindlichen Bevölkerung zur Wehr setzen musste, hat sich, nachdem man es ihr verwehrte, Teil dieser Gesellschaft zu werden, bewusst ins Abseits gestellt. Als ihr geliebter Bruder Johann Baptist Pascolini, ein berüchtigter Wildschütz und Räuber, bei einem seiner nächtlichen Streifzüge ums Leben kommt, bricht sie endgültig mit den Normen der „ehrenwerten“ Gesellschaft und setzt seinen Weg gegen offizielles Recht und amtliche Ordnung konsequent fort. Ihr in den Augen der „Anständigen“ liederlicher Lebenswandel ist Ausdruck einer Marginalität, die sie mit anderen Unterprivilegierten teilt.
Am 12. Mai 1875 wird Mathias als ältester überlebender Sohn von elf Kindern der Eheleute Theresa und Mathias Kneißl geboren. Er und seine Geschwister wachsen als Teil des „Pascolini-Stamms“ zunächst im familieneigenen Wirtshaus in Unterweikertshofen, Landkreis Dachau, auf, das, gemieden von der einheimischen Bevölkerung, vor allem von anderen Ausgestoßenen der Gesellschaft frequentiert wird. Nach einigen Jahren erwerben die Kneißls 1886 die einsam gelegene Schachermühle unweit von Sulzemoos. In der Abgeschiedenheit des Waldes geht die Familie nun nicht nur der Müller- und Sägewerksarbeit, sondern auch verstärkt der Wilderei nach. Die Söhne teilen mit den Eltern bald diese Leidenschaft und lernen rasch den Umgang mit dem Gewehr. Obwohl die Gerüchte von den Wilderern in der Schachermühle nicht verstummen, lässt sich den Kneißls nur selten etwas nachweisen. Am 2. Juni 1887 stehen die Kneißl-Brüder Alois und Mathias zum ersten Mal vor Gericht. Sie sollen ihrem Vater geholfen haben, die Bohlen aus den Stegen des Steindlbach, der durch Kneißl-Grund fließt, herauszunehmen, damit der Besitzer des Sulzemooser Schlosses, Baron von Schätzler, ihn nicht mehr überqueren konnte. Angesichts ihres Alters werden die Buben freigesprochen, der Vater erhält drei Monate und acht Tage Gefängnis.
Im Sommer 1892 wird es nun richtig eng für die Kneißls: Theresa Kneißl wird bei dem Versuch, eine in der Wallfahrtskirche Herrgottsruh entwendete Monstranz zu veräußern, in München verhaftet und eingesperrt. Vater Kneißl, der nach der Verhaftung seiner Frau in den Wald geflohen war, wird kurz darauf ebenfalls gefasst und nach einem Sprung in den Mühlbach schwer verletzt ins Amtsgericht nach Dachau gebracht. Dort verstirbt er nach kurzer Zeit, angeblich an Lungenentzündung. Bei den in der Schachermühle zurückgebliebenen Kneißl-Kindern keimt rasch der Verdacht von einem unnatürlichen Tod des Vaters auf. Ein Verdacht, der sich niemals so ganz widerlegen ließ.
Der 17-jährige Mathias und seine jüngeren Geschwister sind nun ganz auf sich selbst gestellt. Niemand kümmert sich um die Halbwüchsigen und das einjährige Baby, und um nicht zu verhungern, beginnen die Ältesten, Mathias und Alois, bald damit, das Wenige, was sie zum Überleben brauchen, zu stehlen und zu wildern.
Im November 1892 erhalten die Jungen in der Schachermühle Besuch von zwei Gendarmen, die sie, wie schon im Jahr zuvor, wegen fortgesetzten Schulschwänzens festnehmen wollen. Bei dem anschließenden Feuergefecht zwischen den Ordnungshütern und den Buben wird der Stationskommandant Balthasar Gößwein durch die Doppelflinte Alois Kneißls schwer verwundet. In Panik fliehen die Kneißl-Buben aus der Schachermühle, werden jedoch kurze Zeit später aufgegriffen.
1893 werden sie vom Landgericht München zu langen Haftstrafen verurteilt: Der 16-jährige Alois muss für fünfzehn Jahre ins Gefängnis, der 18-Jährige Mathias erhält fünf Jahre und neun Monate Haft, obwohl erwiesen ist, dass er nicht geschossen hat. Vier Jahre später stirbt Alois noch in der Haft an Schwindsucht.
Am 28. Februar 1899 wird Mathias Kneißl, mit dem festen Vorsatz, sich nie wieder etwas zuschulden kommen zu lassen, aus dem Amberger Zuchthaus entlassen.
Da die Schachermühle nicht mehr existiert, macht er sich auf den Weg zu seiner Mutter, die sich nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in München niedergelassen hat.
Wegen eines für München verfügten Stadtverweises darf er jedoch nicht bleiben und lässt sich nach einigem Umherirren letztlich in Nußdorf am Inn nieder. Hier findet Kneißl, der in der Haft das Schreinerhandwerk erlernt hat, trotz seiner Vergangenheit eine Anstellung als Schreiner.
Fortan führt er ein gesetzestreues Leben. Dies wäre wohl auch so geblieben, hätte nicht der Stationskommandant von Nußdorf begonnen, gegen den ehemaligen Häftling zu hetzen und seine unrühmliche Vergangenheit bei jeder Gelegenheit öffentlich zur Sprache zu bringen. Der Meister, der sich zunächst vor seinen Schützling stellt, wird durch das Verhalten der übrigen Gesellen und seiner Kundschaft bald gezwungen, Mathias Kneißl zu entlassen. So wird dieser, obwohl er seine Strafe verbüßt hat, erneut aus der Gesellschaft ausgestoßen. Bis zum Ende seines Lebens wird es ihm nicht mehr gelingen, in ihr Fuß zu fassen. Seine verzweifelten Bemühungen um eine neue Anstellung bleiben ergebnislos.
Einzige Freude in dieser Zeit ist seine Beziehung zu Mathilde Danner, die er während eines Besuchs in München kennen und lieben gelernt hat. Beiden erscheint ein Leben unter den gegebenen Umständen nicht besonders attraktiv und so beschließen sie, nach Amerika auszuwandern. Dort erhoffen auch sie sich eine Chance.
Doch noch fehlt ihnen das nötige Geld für die Überfahrt, und die demütigenden Erfahrungen bei der Arbeitssuche haben in Mathias Kneißl den Entschluss reifen lassen, sich nun so zu benehmen, wie es diese Gesellschaft ohnehin von ihm zu erwarten scheint. Nachdem er im Juni 1900 im Gasthaus „Zum Neuwirt“ in Sauerlach einen Drilling entwendet hat, tüftelt er bald darauf mit seinem Komplizen Erhard Holzleitner einen Plan aus, der den Traum von Amerika schneller wahr werden lassen soll.
Gemeinsam überfallen die beiden am 25. Oktober 1900 einen Bauernhof in Oberbirnbach in der Hallertau und rauben dort Geld und Pfandbriefe als erste Anzahlung für die große Überfahrt. Nicht lange danach wird Holzleitner verhaftet. In seiner Aussage belastet er Mathias Kneißl so schwer, dass 400 Mark Kopfgeld auf diesen ausgesetzt werden. Damit beginnt die Karriere des berühmten Räubers Kneißl, der in den nächsten Monaten durch halb Bayern gejagt werden wird.
Auf seiner Flucht erfährt er große Unterstützung durch die ansässige Bevölkerung. Sie feiert den „Schachermühl-Hias“ als Reinkarnation des legendären „Bayerischen Hiasl“, seinem Namensvetter. Nach langer Zeit gibt es wieder einen aus niedrigsten Verhältnissen, der denen da Oben zeigt, wo´s lang geht, einen, der die Gendarmen, die verhassten „Greafrack“, an der Nase herumführt
In den nächsten Wochen hält Kneißl die Gendarmerie zwischen Dachau, Aichach und Fürstenfeldbruck in Atem. Die Geschichten darüber, wie es ihm immer wieder gelingt, den Verfolgern zu entkommen, sind vielfältig und ähneln denen, die man sich auch von anderen Räubern erzählt.
Am 30. November sucht Mathias Kneißl Unterschlupf auf dem Hof des Flecklbauern Michael Rieger nahe Irchenbrunn. Dieser gewährt dem Räuber aber nicht nur Quartier, sondern verrät ihn zugleich an die Polizei. Kurz nach dem Abendessen erscheinen zwei Gendarmen an der Tür des Anwesens, um den gefürchteten Räuber zu verhaften. Mathias Kneißl sieht sich einer auswegslosen Situation gegenüber und schießt. Dabei verletzt er beide Gendarmen so schwer, dass sie später ihren Verletzungen erliegen.
Obwohl es ihm zunächst gelingt, die Verfolger zu täuschen und abzuschütteln, bleibt es nur eine Frage der Zeit, bis er gefasst wird. Im März 1901 ist es soweit - der Räuber wird verraten. Mit 140 Mann rückt die Polizei am Morgen des 5. März gegen ein Anwesen in Geisenhofen vor und feuert eine dreiviertel Stunde fast ununterbrochen in das Haus, in dem sich Mathias Kneißl verbirgt. Als man das Haus stürmt, findet man Kneißl schwer verletzt hinter dem Kamin kauernd. Er hat keinen einzigen Schuss abgegeben.
Der halbtote Räuber wird mit dem Zug nach München überführt, wo man ihn in der Universitätsklinik wieder so weit herstellt, dass man am Ende des Prozesses einen lebenden Räuber hinrichten kann.
Am 14. November 1901 beginnt in Augsburg der Prozess, bei dem sich der 26-jährige als Opfer einer grausamen Gesellschaft darstellt, die einen einmal Gefallenen nicht mehr in ihre Mitte gelassen und so ihren Teil dazu beigetragen habe, ihn auf diesen Weg zu schicken.
Obwohl der Vorsitzende Richter am Ende, vor allem aufgrund der nicht nachgewiesenen Tötungsabsicht, nur auf lebenslanges Zuchthaus plädiert, verurteilen ihn die zwölf Geschworenen zum Tode. Daran kann weder ein beim Reichsgericht Leipzig eingereichter Revisionsantrag noch ein Gnadengesuch an Prinzregent Luitpold auf Umwandlung der Todesstrafe in lebenslanges Zuchthaus etwas ändern. Drei Monate nach der Urteilsverkündung wird Mathias Kneißl in Augsburg hingerichtet. Er hatte den Staat herausgefordert, und der Staat gab ihm damit die Antwort auf diese Herausforderung.
Quelle. Sozialrebellen in Bayern von Michaela Karl

Stand des Dokuments: 01.04.2006